
Die unzureichende Erhitzung von Speisen gehört aktuell zu den häufig vernachlässigten Punkten bei Kontrollen in Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. Besonders kritisch ist dabei Geflügel, da es ein hohes Risiko für pathogene Keime wie Salmonella und Campylobacter aufweist.
Gesetzliche und fachliche Anforderungen (CH & DE)
Sowohl in der Schweiz (HyV, Hygieneverordnung) als auch in Deutschland (LMHV, EU (VO) 852/2004) gilt klar:
Lebensmittel müssen so erhitzt werden, dass gesundheitliche Gefahren sicher ausgeschlossen oder auf ein Mindestmass reduziert werden.
Für Geflügel hat sich fachlich etabliert:
- Mindestens +70 °C Kerntemperatur für ≥ 2 Minuten (z. B. gemäss GVG-Leitlinie, genehmigte Fassung)
oder
- eine gleichwertige Zeit-Temperatur-Kombination
In der Alcomo HACCP App sind 3 Minuten Haltezeit vorgegeben, zur zuverlässigen Reduktion relevanter pathogener Keime auch bei anderen tierischen Lebensmittel.
Diese Erhitzung gilt in den meisten Betrieben als Critical Control Point (CCP), da:
- kein nachgelagerter Prozessschritt eine ungenügende Erhitzung kompensieren kann
- ein direktes Gesundheitsrisiko für Gäste besteht
Typische Probleme in der Praxis
In Audits und amtlichen Kontrollen zeigen sich immer wieder dieselben Schwachstellen:
- Kerntemperaturen werden gar nicht oder nur sporadisch gemessen
- Messungen erfolgen nicht im Kern (Einstichmessung), sondern lediglich an der Oberfläche
- Werte werden nicht dokumentiert oder sind nicht nachvollziehbar
- es existiert kein definiertes Korrekturverfahren, wenn die Zieltemperatur nicht erreicht wird
Warum eine kontinuierliche Überwachung entscheidend ist
Gerade bei Geflügel reicht eine einmalige Kontrolle oft nicht aus:
- unterschiedliche Portionsgrössen
- wechselnde Geräte, Programme und Einstellungen
- hoher Zeitdruck im Küchenbetrieb
Eine strukturierte, regelmässige Messung und Dokumentation der Kerntemperaturen ist daher zentral – nicht nur zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit, sondern auch als Absicherung bei Kontrollen, Reklamationen und Haftungsfragen.
Fazit
Die korrekte Erhitzung von Geflügel ist kein „Kann“, sondern ein Muss.
Als klar definierter CCP sollte sie systematisch überwacht, dokumentiert und bei Abweichungen sofort korrigiert werden – idealerweise digital, einfach und praxisnah, z. B. mit der Alcomo HACCP App, welche die strukturierte Erfassung, Nachvollziehbarkeit und Auswertung der Kerntemperaturen im Küchenalltag unterstützt.
Nice to know: Warum die Kerntemperatur so entscheidend ist
Der Begriff Pasteurisierung geht auf Louis Pasteur zurück und beschreibt ein Verfahren, bei dem Lebensmittel durch gezielte Erhitzung so behandelt werden, dass krankmachende Mikroorganismen (z. B. Salmonella, Listeria) auf ein sicheres Niveau reduziert werden – ohne das Produkt zu sterilisieren.
Dieses Prinzip spielt auch beim Garen von Fleisch eine zentrale Rolle: Entscheidend ist nicht nur die Oberflächentemperatur, sondern vor allem, dass der Kern des Lebensmittels eine ausreichend hohe Temperatur über eine definierte Zeit erreicht.
Warum muss der Kern erhitzt werden?
- Bei Geflügel, Hackfleisch oder mechanisch zerkleinertem Fleisch können Keime jedoch im gesamten Produkt verteilt sein. Deshalb muss die Hitze bis in den Kern wirken.
- Ausnahmen sind ganze Muskelstücke vom Rind wie z. B. Steak oder Braten, dort befinden sich Keime überwiegend an der Oberfläche und werden beim Anbraten von allen Seiten abgetötet.
- Die Abtötung von Mikroorganismen erfolgt über eine Zeit-Temperatur-Kombination:
hohe Temperaturen wirken schnell, niedrigere benötigen entsprechend mehr Zeit.
Zeit und Temperatur – ein Zusammenspiel
Aus der Lebensmittelmikrobiologie ist bekannt:
- Je höher die Kerntemperatur, desto kürzer die notwendige Haltezeit.
- Für Geflügel gelten besonders strenge Anforderungen, weshalb in der Praxis meist eine Kerntemperatur von ≥ 70 °C empfohlen wird.
- Niedrigtemperaturverfahren (z. B. Sous-vide) erfordern exakt kontrollierte Prozesse und sind nur bei klar definierten Rahmenbedingungen sicher.
Wichtig: Diese Zusammenhänge dienen dem Verständnis der Lebensmittelsicherheit.
Für den Küchenalltag und im Rahmen von HACCP-Konzepten sollten klare, sichere Zielwerte definiert und eingehalten werden – insbesondere bei Geflügel.
Kurz gesagt:
Nicht „durchbraten um jeden Preis“, sondern kontrolliert erhitzen – der Kern entscheidet über die Sicherheit.





